Ein Mann fragt nicht gerne nach dem Weg

  • zu Besuch bei Marko Brajkovic' / Bildrechte: Mario Stiehl

und wenn er das tut, hat er meistens schon einen Hals wie eine Keksdose und gesteht seine Fehlbarkeit, wenn er dann muss, auch maximal nur einem anderen Mann ein. Dieser unschönen  Situation sah sich  ein Mann (der hier nicht genannt werden will) in dem kleinen Bergdorf Groznjan in Kroatien ausgesetzt. Dieser Mann fuhr nach langer Abstinenz wieder einmal Rad. Das tat er mit einem Ziel, aber nur mit grober Richtung und auf unbekanntem Terrain. Erste Zweifel am erfolgreichen Ausgang der Unternehmung kamen, als die Anstiege kein Ende mehr nahmen und Straßen schmaler wurden, bis sie schließlich ganz aufhörten. Man könnte umdrehen, was aber in dem Fall einen nicht zu akzeptierenden Umweg bedeutet hätte. Also fragte der Mann einen „Eingeborenen“ nach dem (Aus)Weg und war überrascht, als dieser gleich auf Deutsch antwortete. Donnerwetter – vielleicht doch ein kleines Licht an einem so „finsteren Tag“ an einem so „finsteren Ort“? Der Eingeborene Marko wartete auf den Schulbus, der seine Kinder zurück brachte und hatte ein paar Minuten für den Mann Zeit. In denen beschrieb er dem Mann nicht nur den rechten Weg, sondern plauderte  auch über seine Erfahrungen mit Deutschland und seine Arbeit als Maler. Er lud ihn ein, ihn in seinem Atelier zu besuchen und ihn, seine Familie und seine Arbeit näher kennenzulernen.

Der Mann versprach Marko, dem Maler, der auf keinen Fall Künstler genannt werden will, einen Besuch und löste sein Versprechen auch alsbald ein. Vielleicht lag es an der entspannten Anreise (diesmal mit dem Auto) oder der Vorfreude auf den Besuch bei Marko, aber das Dorf Groznjan sah gar nicht mehr so finster wie beim ersten Besuch aus – im Gegenteil,  der Ort war auf den zweiten Blick recht hübsch.

Marko freute sich den Mann wiederzusehen und stellte sich und seine Arbeit sehr ausführlich vor. Man spürte sofort, dass Marko glücklich und mit seinem Leben im Reinen ist und dass die vielen hochinteressanten Geschichten und Begegnungen auf seinem Lebensweg ihn genau an diesen Punkt geführt haben. Marko hat z.B. vor vielen Jahren als Restaurator in Deutschland gearbeitet. Unter anderem in „Auerbachs Keller“ in Leipzig. Er hat in dieser Zeit viele Menschen kennengelernt. Den Großteil der Menschen hat er, ebenso wie seinen Beruf,  zurückgelassen und  wenige, die er als Freunde  schätzt, auf seinen weiteren Lebensweg mitgenommen. So auch seine deutsche Frau Susanne. Er fing an zu malen und die Geschichten in seinem Bild sind wie seine Farben sehr vielschichtig. Mythologie, Politik, Liebe, Familie, Kindheit, alles vermischt sich zu Bildern, für die man sich Zeit nehmen kann und muss, wenn man sie dann verstehen möchte. Allerdings war Marko auch der perfekte Reiseführer durch seine Bilder. Ob Können, Glück, seine Freunde oder seine Frau – der Schlüssel zum Erfolg seiner Bilder versteckt sich  wohl überall ein bisschen. Auf jeden Fall kann Marko „ganz gut“ von seiner Malerei leben, stellt weltweit aus, verkaufte auch schon mal an Jonny Depp ein Bild oder wurde von der Enkelin von Pablo Picasso eingeladen. Die Liste ist lang, doch wer Marko nicht finden soll, der wird Marko auch nicht finden. Ich mag keine „Terroristen“ (seine Umschreibung für die anmaßenden Touristen), die auch schon mal den Stift selber in die Hand nehmen und seine offen ausgestellte  Arbeit  bekritzeln (Marko arbeitet meistens in seinem Hof) oder die glauben, mit Geld alles kaufen zu können. Für diese Sorte Menschen hat er nicht viel übrig und für diese Sorte Menschen bleibt Marko „unsichtbar“.

Der Mann  besuchte Marko inzwischen schon ein drittes Mal. Er ist nicht mehr sauer, dass er nicht den rechten Weg fand und fragen musste, da der neue gefundene Weg genau der richtige war!